S.
372f.
Richtungsweisend
für die forcierte "nationale Wende" in der Geschichtsschreibung
der
DDR war neben der ZK-Entschließung der als Broschüre
verbreitete
programmatische Vortrag "Gegenwartsaufgaben der deutschen
Geschichtsforschung"
von Victor Stern. Stern eignete seiner Zunft die "Mission als
politische
Erzieher ihres Volkes" zu und forderte eine zutiefst nationale deutsche
Geschichtsschreibung" anstelle der "schmachvollen Abwendung vieler
westdeutscher Historiker von der Idee der Nation." [Stern 1952, S.
53f.,
vgl. ND 5.7.1952, "Was erwarten wir von unseren Historikern?"]
S.
365
Alles
wurde [von der SED] mit dem Verdikt "antideutsch" belegt: Das
Grundgesetz sei eine "oktroyierte, undemokratische, antideutsche
Verfassung", die BRD ein "antinationales Gebilde". [Koenen,
Wilhelm: Zur Bildung des Nationalrates der Nationalen Front des
demokratischen
Deutschland, in: Einheit, 5. Jg., März 1950/H. 3, S. 195] (...)
Die Politik
aller westdeutschen Parteien mit Ausnahme der KPD trüge
"antinationalen" und "antideutschen Charakter". [Dokumente
der SED, Bd.II, Berlin 1951, S. 317, und Bd. III, Berlin 1952, S. 572]
S.
381
"...Der
Kosmopolitismus stellt das vollkommenste Abbild kapitalistischer
Ausbeutung
dar, indem er alle Bindungen und Traditionen auslöscht, indem er
sogar die
nationale Existenz der Völker verneint und nur eins
übrigläßt: Die nackte,
brutale kapitalistische Ausbeutung im Weltmaßstab..." [Hofmann
1949a, S.
611, 615]
S.
384
Besonders
alarmierend sei in der BRD die Situation im Musikbereich: Im
"Schlagerkosmopolitismus" äußere sich "die kosmopolitische
Zersetzung, das Gift der amerikanischen Kulturbarbarei am
verheerendsten".
[Dokumente III, 1952, S. 438] Die klassische deutsche Musik werde
"durch
den Radau sogenannter Jazzkapellen verdrängt" [Dokumente II, S.
362],
deren Musik ein "Instrument der Kriegsvorbereitung" darstelle:
"Das ist eine Musik, die das Chaos darstellt, die das Chaos ist, die
nicht
nur Kriegsvorbereitung, sondern der Krieg ist. Das ist ein Versuch, den
Krieg
in die Hirne der Menschen einzuschmuggeln." [Georg Knepler, Rektor der
Deutschen Hochschule für Musik in Berlin und führender
Musikwissenschaftler der
DDR, 1951 auf dem Gründungskongreß des Verbandes Deutscher
Komponisten und
Musikwissenschaftler in seinem Vortrag "Musik, ein Instrument zur
Kriegsvorbereitung", zit. nach Rauhut 1993, S.20]
Ebenso
sei der "Boogie-Woogie-Kosmopolitismus" ein "Kanal, durch den
das barbarisierende Gift des Amerikanismus eindringt und die Gehirne
der
Werktätigen zu betäuben droht. Diese Bedrohung ist ebenso
gefährlich wie ein
militärischer Angriff mit Giftgasen." [Meyer 1952, S. 162]